atelier-rainerdunkel

sensory neuronal network

multisensorielle installation in einem neurowissenschaftlichen kontext

SENSORY NEURONAL NETWORK

Rainer Dunkel: sensorielle Raumkonstruktion, audiovisuelle Projektionen

Dr.Benjamin Staude: Neuronensimulation, audiovisuelle Netzwerkrepräsentationen

In Zusammenarbeit mit dem Bernstein Center for Computational Neuroscience, Freiburg

©2011

Sensory neuronal network ist eine multisensorielle Installation. Sie thematisiert neurozelluläre Interaktionen als neurophysiologische Vorraussetzung für Wahrnehmungsprozesse, die zwischen distalen Umgebungsraum und proximalen, sensoriellen Reizen vermitteln. In diesem Kontext entwirft die Installation ein räumliches Model von korrelativen Ebenen.
Das Herz der Installation bildet die Echtzeitsimulation eines balancierten, rekurrenten neuronalen Netzwerkes von 400 integrate-and-fire Neuronen. Durch die adaptiviten Reaktionen des Netzwerkes auf sensorische Input-Reize bildet die direkte audiovisuelle Repäsentation seiner dynamischen Spike-Aktivität eine dynamisch-interaktive Ebene. die den Besucher die hochdimensionale und wissenschaftlich schwer quantifizierbare Komplexität neuronaler Dynamik unmittelbar erfahren lässt. In Analogie zu wissenschaflichen Modellen hierarchisch höherer Entscheidungs- und Bewusstseinsprozesse triggern ausgewählte &Mac226;read-out'-Neurone des Netzwerkes zusaetzlich visuelle und auditorische Repraesentationen.

Das gegenständliche Raum-Objekt, dessen formale Gestaltung Analogien zu Zellkaskaden sensorischer Sensibilität und gedanklich konstruierten Projektionen beinhaltet, formuliert eine zweite, konstruktivistisch-abstrakte Ebene. Unter Aspekten eines abstrakt-sensorischen Mediums ist das Raumobjekt gleichzeitig das adaptiv-moderable input-Modul der neuroorganismischen Dynamik, und beeinflusst so die audiovisuelle Netzwerkprojektion.

Die Netzwerkaktivität repräsentiert proximale Ereignisse einer neurorezeptorischen Innenwelt, und ist Output- Parameter für die emotional-sensoriellen Ebenen des globalen Wahrnehmungsraumes.

Abstrakte Konstruktion, neurozelluläre Netzwerkdynamiken und multisensorielle Impulse im Raum, durchdringen und überlagern sich in einem sensoriellen Korrelat.


Dr. Benjamin Staude:
Die Reduktion komplexer Fragestellungen auf das Wesentliche ist die Essenz sowohl wissenschaftlicher als auch künstlerischer Arbeit. Ein charakteristischer Unterschied zwischen den Disziplinen besteht in den Kriterien, nach denen das „Wesentliche“ gefiltert wird: wo die Naturwissenschaft bestrebt ist, durch Peer-Review-Prozesse maximal transparente und objektive Qualitätskriterien zu etablieren, zielt die zeitgenössische künstlerische Auseinandersetzung rein auf das subjektive Erleben im Betrachter. Bei diesen grundlegenden Differenzen verwundert es nicht, daß diese beiden Disziplinen ungeachtet ihrer vergleichbaren Zielsetzung, heute kaum von einander profitieren.

Mit der Installation sensory neuronal network versuchen der Berliner Künstler Rainer Dunkel und das Bernstein Center Freiburg, maßgeblich Dr. Benjamin Staude sowie Prof. Stefan Rotter Dr. Arvind Kumar und Dr. Gunnar Grah, einen für beide Seiten produktiven Diskurs zu initiieren. Kernstück der Arbeit ist ein neuronales, conductance-based integrate-and-fire Netzwerk. Dieses Netzwerk steuert zum Einen die akkustisch-visuelle Praesenz der Installation. So wird durch die tonale Übersetzung des Feuerns jedes Neurons im Netzwerk ein akkustisches Abbild der neuronalen Dynamik erzeugt. Zum Anderen erlaubt die Installation durch sensorische Elemente den direkten Einfluss auf das steuernde Netzwerk. Dem Betrachter erschliesst sich dadurch unmittelbar die immense Komplexität neuronaler Dynamik und lässt ihn immerwährende Fragen der Hirnforschung direkt erfahren: wie kann es sein, dass ein System, was so unterschiedlich auf scheinbar identische Reize reagiert trotzdem so verlässlich arbeitet? Worin ähneln sich die Antworten auf identische Reize im Gegensatz zu unterschiedlichen Reizen...
Durch die ästhetische Aufarbeitung des Forschungsgegenstandes stellen sich jedoch auch für den Wissenschaftler neue Fragen: welche Aspekte neuronaler Dynamik gehen durch objektivierende statistische Beschreibung verloren? Wie schlagen sich die akkustisch wahrnehmbare Melodien in der Aktivität statistisch nieder? Sind solch ästehtischen Komponenten biologisch relevant und, wenn ja, wären solche Effekte messbar?
Die Gegenüberstellung wissenschaftlich-abstrakter Gedanken und der körperlich-sinnlichen Erfahrung einer künstlerischen Form bietet die Chance, Wissenschaftler selbst auf neue Weise mit Aspekten ihrer eigenen Arbeit zu konfrontieren. Der Raum der Installation wird so zu „neutralem Boden“, auf dem Wissenschaftler und Öffentlichkeit gleichberechtigt mit der Funktion ihres Gehirns konfrontiert werden und, befördert durch die ungewohnte Form und für beide Seiten neuartige Erfahrungen, in einen Dialog eintreten können.

"Die Intention dieses Projektes ist es, eine Perspektive neuronaler Interaktionen im strengsten Sinne des Wortes, anzubieten, um eine zugängliche Verbindung über Computer-Simulationen mit der neurobiologischen 'innere Welt' zu etablieren, die auf Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung basiert.
Denn unser Projekt ist jetzt nur in der Lage, eine solche Perspektive anzuregen, aber nicht eine wissenschaftliche Methode zu beweisen. "(Rainer Dunkel)

SENSORY NEURONAL NETWORK

Rainer Dunkel: sensory room construction, audiovisual projections

Dr.Benjamin Staude: neuronssimulation, audiovisual network representation

In cooperation with the Bernstein Center for Computational Neuroscience, Freiburg

©2011

SENSORY NEURONAL NETWORK is a multi-sensory installation in a transdisciplinary context. It focuses on neuro-cellular interactions as a prerequisite for perception of neurophysiological processes that mediate between the distal space environment, and proximal sensory stimuli. In this context, the installation creates a spatial model of correlative levels.

The heart of the installation is the realtime-simulation of a balanced recurrent neural network of 400 integrate-and-fire neurons. By the adaptive reaction of the network to sensory input-stimuli, the audiovisual representation of its dynamical spike-activity creates a dynamic-interactive layer, allowing a direct sensual experience of the high dimensional complexity of neuronal dynamics. In analogy to scientific models of higher conscious- or decision-making processes, selected &Mac226;read-out'-neurons trigger additional visual and auditory representations.
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The objective space object whose formal design includes analogies to cellular cascade of sensory sensitivity and mentally constructed projections, formulated a second, constructivist and abstract level. Among sensory aspects of a medium is the same object adaptive-moderable input module of the neuroorganism dynamics, thereby influencing the audiovisual network-activities.

The network-projection represents proximal events of a neurorezeptoral inner world, and generates the output for the emotional-sensory perception levels of the global sensual-space.

Abstract structure, neuro-cellular network dynamics and multi-sensory impulses pass through the room, and overlap in a sensory correlate.

Dr. Benjamin Staude:
Reducing complex questions to their basics is the essence of scientific and artistic work alike. One characteristic difference between these disciplines lies in the criteria to filter the aforementioned 'basics': Whereas the natural sciences strive to establish maximally transparent and objective criteria, e.g. by the peer-review process in publishing, the contemporary artistic exploration aims at subjective experiences by the recipient. Considering these fundamental differences, it is not astonishing that these two disciplines hardly benefit from each other nowadays, irrespective of their comparable goals.

With their installation "sensory neuronal network", the Berlin-based artist Rainer Dunkel and the neuromathematician and musician Dr. Benjamin Staude endeavor to initiate a discourse that is productive for both disciplines. At the core of their work lies a neuronal, conductance-based integrate-and-fire network. On the one hand, this network controls the acoustic-visual presence of the installation: The tonal translations of firing neurons within the network create an acoustic representation of the neuronal dynamics. On the other hand, sensory elements at the installation allow the direct influence of the controlling network by the recipient. Thus, the immense complexity of neuronal dynamics becomes immediately accessible, allowing to directly experience some perpetual questions of neuroscience: How can a system be so reliable in its performance while at the same time being so variable in ist responses to apparently identical stimuli? What are the similarities in its responses to identical, as opposed to differing stimuli…?

Approaching a topic of research from an aesthetic perspective furthermore allows a scientist to pose a novel set of questions, for instance: Which aspects of neuronal dynamics are lost through their description in an objectifying, statistic description? How are acoustically perceptible melodies reflected statistically within a network's activity? Are such aesthetic components biologically relevant - and if they are, could these effects be measured?

The juxtaposition of scientifically-abstract thought and physically-sensual experience in an artistic form offers the chance to confront the scientists themselves in new ways with aspects of their own work. Consequently, the space of the installation becomes “neutral ground” on which scientists and members of the public face the function of their brains as equals. Fostered by the unusual form and an experience that is new for both groups, the installation enables them to enter a dialog.

“The intention of this project is to offer a perspective on neuronal interactions that is accessible in the strictest sense of the word, establishing a connection with the neurobiological 'inner world' through computer simulations that are based on the insights of neuroscientific research.
For now, our installation is only able to stimulate such a perspective, but not to found a scientific method.” (Rainer Dunkel)

Die Installation wurde im Rahmen der Bernstein Konferenz "bc11" erstmals der Öffentlichkeit vom 4. -6. Oktober , Raum 1228 der Universität Freiburg vorgestellt.

The installation sensory neuronal network was presented to the public for the first time at this Bernstein Conference "bc11" in university of Freiburg, Oct.4-6th. 2011, Germany.